Wer wir sind

 

Geschichte

 

Wie war das eigentlich? Kurze Chronik des ASB Regionalverband Berlin-Südwest e.V.

 

Am Anfang des Arbeiter-Samariter-Bundes stand ein Unfall in Erkner und daraus resultierend ein Aufruf von sechs Berliner Zimmerleuten – Gustav Dietrich, Wilhelm Zippke, Hermann Neumann, August Laubsch, Joseph Schmidt und Wilhelm Nittat – vom 29. November 1888, der den verstärkten Arbeitsschutz sowie die Ausbildung und Grundregeln in Erster Hilfe für alle Teile der Bevölkerung verlangte – eine Forderung, die heute so wichtig ist wie sie vor 115 Jahren war. Bis in unsere Zeit wuchs der ASB zu einer Organisation, wie sich unsere Gründer sie kaum vorzustellen trauten.

 

*Unruhen verlangten Selbsthilfe*

Die Anfänge der Kolonne Rixdorf gehen wahrscheinlich auf unruhige Zeiten zurück. Die Industrie kam auf, viele Menschen verloren ihren Job und der Kampf um mehr Mitsprache löste Demonstrationen aus, die oft blutig endeten.

 

Im Januar 1908 füllten zwei Aufmärsche von Arbeitern die Spalten Berliner Tageszeitungen und Gewerkschaftsblätter. Am 12. Januar rief die SPD zu einer Großkundgebung gegen das Freiklassen-Wahlrecht vor dem Berliner Stadtschloss auf. Am 21. Januar versammelten sich in Berlin und Rixdorf, denn Rixdorf war ja noch selbständige Stadt, rund 12.000 Arbeitslose. Beide Veranstaltungen verliefen zunächst friedlich, bis die Polizei – zu Fuß und beritten – kam und auf die Menge mit Knüppeln und Säbeln eindrosch. Das Ende dieser „Zieh-Blank-Methode“: gut 50 Verletzte!

 

Das dürfte für Rixdorfer und Kreuzberger Gewerkschafter Grund genug gewesen sein, am 28.Januar 1908 über entsprechende Selbsthilfe-Maßnahmen nachzudenken und sich zusammenzuschließen. Die Gründer waren Alfred Fischer, Paul Krause, Theophil Stammwitz, Georg und Emmi Wolf, Heinrich Welz, Richard Welz, Karl Dumke und Fritz Ulrich. Wo diese Versammlung stattgefunden hat ist zurzeit nicht nachweisbar. Fest steht, dass sich die Abteilung Neukölln regelmäßig in einem Nebenzimmer der „Alten Welt“ in der Wißmannstraße und zu Vorträgen in der Treptower Sternwarte getroffen hat. Die „Neue Welt“ – nebenan gelegen – war übrigens Ort ständiger ASB-Dienste – bei politischen Veranstaltungen genauso wie beim Bockbierfest. War z.B. auf der legendären Rutschbahn was passiert, hieß es einfach: „Splitter? – Hol den Samariter!“

 

*Arbeit des ASB ging voran*

Trotz aller politischen Wirren nach dem Ersten Weltkrieg und der Weimarer Republik kam es auch im ASB zu politischen Differenzen und Spaltungen. Ungeachtet des Grundsatzes, poli¬tisch neutral und unabhängig zu sein, trennten sich kommunistisch Orientierte vom ASB und bildeten 1921 den „Proletarischen Gesundheitsdienst“ (PGD) unter Leitung des ehemaligen ASB-Mitgliedes Artur Deutschmann sowie die so genannten „Fichte-Samariter“.

 

Der täglichen Arbeit des ASB konnte das kaum Abbruch tun. Nach Angaben alter Mitglieder versah die ASB-Abteilung Neukölln der Kolonne Berlin auf der Eisbahn Innstraße und auf der Rodelbahn im Volkspark an der Oderstraße ihren Sanitätsdienst. Weitere Einsatzorte waren das Freibad Oberspree (zwischen Baumschulenweg und Oberschöneweide) und das Strandbad Müggelsee bei Rahnsdorf.  

 

Natürlich ging auch Bemerkenswertes in die Annalen ein. So waren Neuköllner Samariter beim Kapp-Putsch (13. März 1920) zugegen und versorgten Verletzte. In den ersten Maitagen 1929 kam es in mehreren Berliner Bezirken zu Unruhen – darunter auch in Neukölln, wo Samariter sich um die Opfer kümmerten. Des Weiteren leisteten ASB-Leute anno 1932 Hilfe für Verletzte beim Sturm der Arbeitslosen auf das Arbeitsamt in der Sonnenallee.

 

*Kurz vor Schluss noch `ne Feier*

Das Jahr 1933 war für die Abteilung Neukölln, die damals 84 Männer, 37 Frauen und einen Arzt als Aktive zählte, in zweierlei Hinsicht bemerkenswert. Am 28. Januar feierten sie im Restaurant Sauer in der Pannierstraße 54 das 25jährige Bestehen. Zwei Tage später begann jedoch mit Adolf Hitlers Machtantritt ein Zeitabschnitt, der auch für den ASB ein dunkles Kapitel darstellt. Der ASB, der als neutrale und unpolitische Organisation zum Wohle der Bevölkerung weiterarbeiten wollte, wurde wie alle anderen unabhängigen Vereine gleichgeschaltet. Zunächst stellten die Nazis den ASB unter „ihre“ Leitung und nannten ihn „ASB unter nationalsozialistischer Leitung“. Die Mitglieder bekamen blaue Trainingsanzüge, die ASB-Armbinden wurden mit einem Hakenkreuz versehen. Doch die neuen Machthaber hatten die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Viele Mitglieder liefen davon. Am 8. September 1933, der ASB hatte inzwischen den Namen „Nationalsozialistischer Samariterbund“ erhalten, gab der Berliner Kolonnenvorsitzende Johannes Zieger in einem letzten Rundschreiben bekannt: „Die Kolonne Berlin hat mit dem 1. September 1933 aufgehört zu existieren.“

 

Die Samariter wurden aufgefordert, sich beim Deutschen Roten Kreuz zu melden; und manche taten das auch. Dennoch – so hat es Karl Kunkel uns überliefert – haben sich Neuköllner Samariter etliche Jahre lang in kleineren privaten Gruppen noch treffen können.

 

*Im Wald den Techniker getroffen*

Am 8. Mai 1945 waren der Zweite Weltkrieg und damit das „Dritte Reich“ zu Ende. Berlin lag in Schutt und Asche. Enttrümmerungen bestimmten das tägliche Leben, die Wälder wurden Brennholz, jeder freie Fleck eine Kleingartenkolonie.

 

Bei einer Holzaktion des Bezirksamtes im Grunewald fanden sich übrigens alte Neuköllner Samariterinnen und Samariter wieder. Karl Kunkel, damals „Sani“ bei den Amerikanern, traf mitten im Gewühle seine ehemaligen ASB-Kameraden Erich Heinrich und Jupp Heidenreich beim Zersägen von Bäumen und Martha Stäpke in der Verwaltungsbaracke. Die ersten Bande waren also geknüpft.

 

*Der Gesundheitsdienst entsteht*

Bis Januar 1946 waren 25 Ehemalige wieder beisammen. Auf Initiative des damaligen Neu¬köllner Amtsarztes Dr. Wilhelm Brandt schlossen sie sich zum *Gesundheitsdienst Neukölln* zusammen. Diese Gruppe übernahm Dienste auf den Sportplätzen sowie bei den Steher- und Radrennen im Stadion an der Oderstraße.

 

*Lizenz für den Samariter-Bund Neukölln*

Ihre aktive Arbeit war Grundlage für den amerikanischen Kontrolloffizier, ihnen eine Lizenz zu erteilen. Allerdings nicht unter dem Namen „Arbeiter Samariter-Bund“, sondern als „Samariter-Bund Neukölln“. Dennoch: die erste ASB-Kolonne Berlins nach dem Krieg war entstanden. 1949 / 50 konnte dann der erste Kursus in Erster Hilfe – durchgeführt vom SBN unter Leitung von Dr. Marenski – steigen. Ort war das Jugendheim in der Karl-Marx-Straße 160.  

 

*Ernst Reuter lässt den ASB Berlin zu*

Die Aufbauphase endete am 4. April 1950. An diesem Tage unterzeichnete der Oberbürgermeister von Groß-Berlin, Prof. Ernst Reuter, die Zulassungsurkunde für den „Arbeiter-Samariter-Bund Groß-Berlin e.V.“ Den Antrag damals hatten Dr. Erwin Forst, Erika Richter, Erwin Krahlisch, Erich Lüthke und Heinrich Püllmann eingereicht.

 

Es war ein großes Aufatmen, als die Genehmigung Ernst Reuters auf dem Tisch lag. Die erste Berliner Vollversammlung fand wenige Tage später im Haus der Arbeiterwohlfahrt in der Möckernstraße statt; sie wies den weiteren Weg. An der praktischen Arbeit in den Kolonnen änderte das wenig. Die Berliner in Erster Hilfe ausbilden – das war die Devise speziell in Neukölln. Dienste gab es in Hülle und Fülle – auf der Radrennbahn, auf Sportplätzen. Im Sommer übernahmen die Helfer die Betreuung von Ferienkindern im Glienicker Park, der Wasserrettungsdienst erhielt in Saatwinkel das alte Haus und die Boote zurück. Arbeit also genug, so viel, dass kräftig die Werbetrommel gerührt werden musste, um an Nachwuchs heranzukommen. Das gelang. Viele neue Gesichter tauchten auf – darunter Alfred und Gabriele Klühs. Mit Elan kümmerten sie sich um den Aufbau der Organisation, so gut, dass auf dem Landeskongress am 7. April 1951 Alfred Klühs zum ersten Vorsitzenden gewählt wurde.

 

Die erste große Probe für den ASB und seine Kolonnen gab es am 1. Mai – die Gewerkschaften zogen traditionell zum Reichstag. Zwar hatten die Samariter viel zu tun – aber sie waren dabei, wie in alten Zeiten…

 

*Flüchtlingsstrom setzt ein*

1952 war von zwei markanten Ereignissen geprägt. Ernst Reuter wurde Ehrenpräsident der Berliner Landesorganisation. Die politische Entwicklung jedoch war nicht so erfreulich. Denn jenseits der westlichen Sektorengrenzen machte sich Unmut breit. Tausende von Flüchtlingen strömten nach Berlin (West).

 

Die Zahl kletterte abrupt: 5.000, 10.000, 15.000 pro Monat! All diese Leute mussten betreut werden! Im Jahr 1953 waren es bereits 49.000 Flüchtlinge. Diese Entwicklung steigerte sich noch, als am 17. Juni 1953 in der Ost-Berliner Stalinallee Bauarbeiter zum Streik, zum (blutig endenden) Aufstand gegen die SED-Regierung aufriefen… Insgesamt 24.000 Personen hatte der ASB damals betreut und versorgt.

 

*Wasserretter arbeiten zusammen*

Zwei Jahre später schlug der Wasserrettungsdienst ein eigenes Kapitel auf. Die Deutsche-Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG), die Wasserwacht des Deutschen Roten Kreuzes und der Wasserrettungsdienst des Arbeiter-Samariter-Bundes riefen eine Arbeitsgemeinschaft ins Leben, um diese Sparte des ehrenamtlichen Dienstes koordinieren und nach außen hin besser vertreten zu können. Ein Kapitel, das auch im Ortsverband Neukölln vermerkt wurde, waren doch vier Samariter inzwischen tüchtige Bootsführer geworden.

 

Tüchtig zugepackt wurde übrigens auch im eigenen Bezirk. Die Radsportvereinigung Luisenstadt hatte den ASB gebeten, beim 1. Rollberg-Rennen den Sanitätsdienst zu übernehmen. Es wurde zu einem der Dauerdienste…

 

Eine neue Variante der Ausbildung brachte das Jahr 1956 mit sich. Erstmals wurden in Oberschulen Erste-Hilfe-Kurse abgehalten. Für einen Samariter bedeutete jenes Jahr noch mehr. Er war in der Hilfstruppe dabei, die nach Österreich fuhr, um sich um die Opfer des Ungarn-Aufstandes zu kümmern.

 

Weitere Höhepunkte der folgenden Jahre waren 1958 der „Schleppdienst“ bei den Abgeordnetenhaus-Wahlen, die große Polizeischau 1963 im Olympiastadion, die Passierschein-Abkommen, der Aufbau des Katastrophenschutzes innerhalb des ASB unter Leitung von Willi Radtke – hier waren es hauptsächlich Neuköllner, die im Betreuungsdienst unter Leitung von Paul Balau mitmachten. 1967 folgte der Besuch von Reza Pahlevi, dem Schah von Persien und 1968 fand das Deutsche Turn- und Sportfest statt.

 

*Aus Kolonnen wurden Ortsverbände*

1969 setzte eine grundsätzliche Wende in der Ausbildung ein. Führerschein-Bewerber mussten, um ihre „Pappe“ zu bekommen, einen Kursus in „Sofortmaßnahmen am Unfallort“ ablegen. Seitdem war Sonntag für Sonntag im Kolonnenheim Hochbetrieb.

 

Apropos Kolonne: 1970 wurde dieser traditionelle Name auf Beschluss des ASB-Bundestages zu den Akten gelegt, der „OV“, der Ortsverband ins Leben gerufen. Die Anrede „Genosse“ wurde in „Samariter“ abgewandelt

 

*Neues Heim in der Friedelstraße*

Im Januar 1971 zogen die Neuköllner Samariter ins neue Domizil Friedelstraße, Ecke Weserstraße. Bereits ein halbes Jahr vorher hatten sie ihr erstes Einsatzgruppenfahrzeug mit Anhänger und Sprechfunk erhalten.

 

Eine weitere Aufgabe kam neu hinzu: Die Betreuung des Altenwohnheims im Alfred-Klühs-Haus in der Bülowstraße. Nicht nur das. 1972 übernahm der Ortsverband Neukölln die Patenschaft, unternahm seitdem mit den Bewohnern Stadtrundfahrten, organisierte Feten vom Frühlingsball bis zur Weihnachtsfeier.

 

*Stammgast auf dem Weihnachtsmarkt*

Nicht nur in den eigenen Reihen, auch in der Öffentlichkeit hat sich der Ortsverband Neukölln einen Namen gemacht. So war es selbstverständlich, beim Rixdorfer Weihnachtsmarkt mitzumachen, bei den Haus- und Straßensammlungen des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes (der ASB-Landesverband ist Mitglied des DPW) kräftig „mitzuklingeln“, bei Wohltätigkeitsveranstaltungen wie bei der Senioren-Party oder anno 1974 beim Konzert von James Last vor dem Schöneberger Rathaus dabei zu sein und sich verstärkt um Behinderte zu kümmern.

 

Vieles ist bis heute so geblieben, manches hat sich im Laufe der Jahre geändert. 1980 führte der ASB für die Aktiven eine neue Dienstkleidung ein. Der anthrazitfarbene Anzug war passé und ein blauer wurde getragen. Heute trägt man bei Diensten nur noch Einsatzkleidung mit blauen Hosen, weißem Oberteil und Roter Jacke. Inzwischen besitzt der Ortsverband der nicht mehr nur Neukölln, sondern seit 1991 Neukölln-Treptow heißt.

 

*endlich eigener e.V.* 

Am 05.03.2005 erfolgte die Gründung des Regionalverbandes Berlin-Süd e.V. Auf Grund der Insolvenz des Landesverbandes Berlin wurden die Ortsverbände aufgelöst und rechtlich selbständige Regionalverbände gegründet.

 

*Auf zu neuen Ufern*

Am 11.06.2011 bezog der Regionalverband Berlin-Süd e.V. in der Lahnstraße 52 größere moderne Räumlichkeiten. Hier können in zwei hellen, freundlichen Schulungsräumen mit modernen Schulungsmitteln Samariter/innen geschult und Erste-Hilfe-Lehrgänge angeboten werden. Die neuen Räumlichkeiten sind von der Berufsgenossenschaft für die Ausbildung zertifiziert. Zusätzlich ist die Nähe zur Garage der Einsatzfahrzeuge ein großer Vorteil.

 

Der Fuhrpark wurde im Laufe der Zeit aufgerüstet auf drei Rettungstransportwagen (RTW), zwei Multifunktionsfahrzeuge (Mannschaftswagen / Einsatzleitwagen), ein Notarzteinsatzfahrzeug (NEF), ein Wechselladerfahrzeug (WLF), sowie einer mobilen Unfallhilfsstelle (KTW).

Mit gut ausgebildeten Helferinnen und Helfern, modernem Fuhrpark und modernen Räumlichkeiten erfüllt der Regionalverband Berlin-Süd e.V. die Herausforderungen der Zeit getreu den Grundsätzen der ersten Samariter:

 

*An jedem Ort, zu jeder Zeit, sind wir zur Ersten Hilf’ bereit!*

 

und

 

*Sei hilfsbereit an jedem Ort, die Tat entscheidet nicht das Wort!*